Northwest Circuit (Neuseeland)

Der Northwest Circuit auf dem mit 600 Einwohnern besiedelten Stewart Island ist eine anspruchsvolle 10 Tages-Tour. Sie beginnt mit einem Teil des wesentlich kürzeren Great Walks auf dieser Insel und führt weiter durch Matsch, Wald und über Sanddünen. Da Stewart Island recht abgelegen ist, gilt dieser Trek als Geheimtipp.

Northwest Circuit

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New Zealand - North west Circuit (Stewart Island)
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20.02.2011 – 27.02.2011

 

Tag 1: Halfmoon Bay – Bungaree Hut, 18 km:
Mit der Fähre geht es nach Oban, einem Dorf mit 600 Einwohnern. Nachdem wir angelegt haben, begebe ich mich direkt zum offiziellen Startpunkt, der Halfmoon-Bay. Von den in meinem Tramping Buch beschriebenen Hindernissen, darunter auch knietiefe Matschpassagen, ist bis jetzt nichts zu sehen – darüber freue ich mich sehr. Leicht verwundert bleibe ich bereits nach einigen Minuten stehen und betrachte den Baum zu meiner Linken. Ein altertümliches Telefon samt Telefonbuch hätte ich an diesem Stamm nicht erwartet.
Was braucht es um die Stimmung zu erhellen? Manchmal lediglich einen Strandspaziergang bei angenehmer Temperatur und Sonnenschein. Die vor Anker liegenden Segelschiffe, wenige Meter entfernt von der Küste, vervollständigen das friedliche Bild. Nicht einmal mein Rucksack, der aufgrund der Verpflegung für 12 Tage recht schwer ist, bringt mich von einem Lächeln ab. Eine kurze Mittagspause an der Port William Hut, der ersten Hütte auf dem Weg, und ich setze meinen Weg zur Bungaree Hut fort. Ich freue mich über die Abwechslung, als der Weg sich vom Meer entfernt und ein kleines Waldstück durchquert.
Ich erkenne bereits die Hütte am Horizont, als es leicht zu regnen beginnt. In der Hütte angekommen, muss ich feststellen, dass der Trek scheinbar doch etwas beliebter ist als gedacht -ich treffe 7 weitere Wanderer an. Darunter eine junge Frau aus Neuseeland, die ihr Abendessen zubereitet. Dafür kramt sie ein sorgfältig gepacktes Plastiktütchen mit der Aufschrift ‚20.02.2011 Evening‘ aus Ihrem Rucksack, dass die exakt abgewogene Mahlzeit ihres ersten Abends enthält. Fasziniert von dem Organisationstalent bereite ich mir eine Handvoll Spaghetti mit einem Stückchen Käse zu. Während Paul und Rebecca, ein Pärchen aus England, draußen zelten, lege ich mich nach dem Essen in eines der Stockbetten und schlafe direkt ein.

 

 

Tag 2: Bungaree Hut –Christmas Village Hut, 11,5 km:
Nach einer erholsamen Nacht plane ich einen frühen Start, um dem sich anbahnenden Regen aus dem Weg zu gehen. Aufgrund meiner mit der Zeit entstandenen Aversion gegen die hiesigen Stechfliegen, den Sandflies, packe ich meinen Rucksack in der Hütte. Das Plastikrascheln scheint einem Australier gar nicht zu gefallen und er teilt seinen Unmut lautstark mit. Entsprechend genervt mache ich mich auf den Weg. Dieser führt weiterhin durch den Wald, in sich meine Laune durch die atemberaubende Vielfalt an Pflanzen schnell wieder hebt. Begeistert bemerke ich die auf dem Boden wachsenden Farne und die grünen Epiphyten, welche die Bäume teilweise komplett bedecken. Als ich den Murray Beach erreiche, beginnt es zu regnen. Und es regnet weiter. Es regnet den kompletten Tag. Der Untergrund ist trotz entgegengesetzter Hoffnung matschiger geworden und meine Schuhe sind inzwischen mit einer Dreckschicht bedeckt. Eine Passage, in der ich erkenne, dass Wanderer hier knöcheltief eingesunken sind, umgehe ich so gut wie möglich. Langsam wird der Regen noch heftiger und ich bin mehr als froh die Hütte erreichen und die Beine hochlegen zu können.

 

 

Tag 3: Christmas Village Hut – Long Harry Hut, 20,5 km:
Die nächste planmäßige Übernachtungsmöglichkeit, die Yankee River Hut, überspringe ich und setze mir die Long Harry Hut als mein heutiges Ziel. Es ist ein anstrengender Tag, der mich erneut abwechselnd durch Strand und Wald führt. An einem höher gelegenen Punkt kann ich durch Holzzweige den Lucky Beach erkennen.
Nach diesem sandigen Intermezzo geht es recht steil durch einige, von Farnen umgebene, Passagen.
An der Yankee River Hut möchte ich eine Pause einlegen, um mir ein Mittagessen zuzubereiten. Leider werde ich bereits Sekunden später von Sandflies belästigt. Da diese lediglich Objekte attackieren, die sich nicht bewegen, fällt die Pause entsprechend kurz aus. Auf der anderen Seite einer steilen Sanddüne wird die Macht des Meeres erkennbar – perfekte Surferwellen schlagen am Strand auf. Bald darauf stelle ich fest, dass die Gezeiten bei diesem Weg Ihre Finger mit im Spiel haben und ein Ausläufer des Meeres meinen Weg blockiert. Wanderschuhe und Salzwasser stellen sich als eine ungünstige Kombination heraus und so entscheide ich mich mein Schuhwerk vorerst in den Händen zu tragen. Dieser Ansatz endet anders als geplant, als sich binnen von Sekunden nach dem Öffnen des ersten Schnürsenkels die Sandfliegen um mich herum versammeln. Hektisch schultere ich die Stiefel und durchschreite schnell das kniehohe Meerwasser – muss jedoch auf der anderen Seite feststellen, dass ich meinen Wanderstab vergessen habe.
Zurück möchte ich nun nicht mehr. Es geht weiter in Richtung Hütte.
Dort treffe ich 5 Neuseeländer, mit denen ich mich bei Anbruch der Dämmerung auf die Suche nach einem Kiwi-Vogel begebe. Wir können jedoch nur schemenhaft erkennen, wie einer durch das Dickicht huscht. Später wird die abendliche Unterhaltung leider nach einer kurzen Zeit sehr getrübt, als uns mitgeteilt wird, dass Christchurch – die größte Stadt auf der neuseeländischen Südinsel – von einem Erdbeben der Stärke 8 auf der MM-Skala heimgesucht wurde.

 

 

Tag 4: Long Harry Hut – East Ruggedy Hut, 9,5 km:
Die Neuseeländer beginnen um 6.30 ihren Tag und laufen um 8 Uhr los. Ich folge eine halbe Stunde später. Mir wird bewusst, weshalb die Durchschnittsgeschwindigkeit je Tag teilweise mit weniger als 2 km/h angegeben wird. Die Abschnitte mit knöchel- bis hin zu knietiefem Matsch nehmen zu. Anfangs versuche ich noch, diese zu umgehen, indem ich von Wurzel zu Wurzel springe und möglichst an einer Seite dieser Schlammpfützen nahe an den Bäumen entlang spaziere. Diesen Aufwand gebe ich jedoch nach einiger Zeit wieder auf und laufe direkt hindurch -meinen neuen Wanderstab verwende ich, um zumindest die tiefsten Stellen vermeiden zu können. Das schlurfende Geräusch, wenn ich meinen Fuß aus einer dieser Stellen befreie, wird zu meinem ständigen Begleiter. Einen weiteren erhalte ich einige Zeit später, als ich mich Kat, der Schnellsten der Neuseeländer, anschließe. An der steinigen Küstenpassage warten wir auf den Rest ihrer Gruppe, die hier einige Muscheln ernten, um das Abendessen zu bereichern. Am Spätnachmittag erscheinen noch Hüttengenossen von meinem ersten Tag – ein englisches Pärchen und zwei Belgier. Den Abend lassen wir mit einer spaßigen Rutschpartie auf den Sanddünen ausklingen. Der kurz vor der Hütte gelegene Fluss bleibt nicht ungenutzt und nach 4 Tagen ohne Dusche freue ich mich, zur Abwechslung einmal erfrischt und sauber in meinen Schlafsack kriechen zu können.

 

 

Tag 5: East Ruggedy Hut –Big Hellfire Hut, 15 km:
Ich ziehe mit Kat zusammen los – es geht wie inzwischen gewohnt bergauf und bergab durch knietiefen Schlamm. Wir überqueren eine Anhöhe und es eröffnet sich ein faszinierender Ausblick. Wir schauen auf einen sichelförmigen Strandabschnitt, der von den aufschlagenden Wellen des türkisenen Meeres wie umarmt wirkt. Er endet an einem bewaldeten hügeligen Ausläufer, an dessen Ende der Fels steil ins Wasser abfällt. Einige Meter weiter entwachsen dem Meer weitere felsige Hügel – allesamt mit Bäumen übersät. Wir wandern die sandige Sichel entlang, bevor es auf der anderen Seite steil bergauf zur Big Hellfire Hut geht. In dieser wird es kuschelig – von den 12 Betten sind 11 belegt… Und mal wieder nehme ich mir vor, das nächste Mal an Ohrstöpsel zu denken.

 

 

Tag 6: Big Hellfire Hut -Mason Bay Hut, 15 km:
Der Himmel ist im Morgengrauen nur leicht bewölkt. Ich suche mir einen Aussichtspunkt und blicke über ein von Erhebungen begrenztes, waldreiches Tal. Die Sonne, die über die Hügelkette am Horizont lugt, vervollständigt das malerische Szenario. Ich lasse mich von der entspannenden Atmosphäre einnehmen, bevor ich mich wieder in Begleitung von Kat auf den Weg mache. Am frühen Nachmittag hören wir ein unerwartetes Rascheln direkt vor uns im Gebüsch. Beunruhigt bleiben wir stehen und starren nach vorne… Plötzlich prescht ein Kiwi aus diesem hervor und kommt mit schnellen Schritten, mit dem langen Schnabel ständig am Boden pickend, auf uns zu.
Unweit meines Fußes macht dieser flugunfähige braune Vogel halt, kehrt um und bahnt sich seinen Weg zurück ins Dickicht. Wie so oft sind die Gedanken an die Kamera einige Augenblicke zu spät und es gelingt mir lediglich das Hinterteil des angeblich scheuen Nationaltiers Neuseelands zu erwischen, Kat hatte mit dem Foto mehr Glück.
Eine Stunde später führt der Weg über Steine am Wasser entlang, wo wir unerwartet das nächste Tier erblicken: Einen Blaupinguin, der uns scheinbar weniger interessant findet als wir ihn und sich mit tollpatschigen Versuchen auf die Flucht begibt.
Der Abend wird von einem überragenden Sonnenuntergang eingeleitet – vom Meer gespiegelt, lässt er sowohl den Strand als auch die einzelnen Schäfchenwolken in einem feurigen rot erscheinen. Übertroffen werden kann dies nur, von dem darauffolgenden, unglaublichen Sternenhimmel in dieser sehr frischen Nacht.

 

 

Tag 7: Mason Bay Hut –NorthArm Hut, 26 km:
An diesem Morgen lassen sich die Neuseeländer per Hubschrauber von der Mason Bay abholen, wodurch ich wieder alleine unterwegs bin. Ich nutze diesen Umstand, um etwas schneller zu wandern und die planmäßige Übernachtung in der Freshwater Hut zu überspringen. Der Weg ist gut ausgebaut – Stege führen über die morastigen Abschnitte, Bäume und Sträucher wachsen wie zu einem Tunnel zusammen, der das Gefühl erweckt sich mitten in der Herr der Ringe-Landschaft zu befinden. Die Unterhaltung durch die wunderbaren Vogelgeräusche ist sehr kurzweilig – Ich halte kurz inne, um den Lauten der little Robins, Tuis und Bellbirds zu lauschen. Gegen Nachmittag merke ich, wie meine Kräfte langsam zu schwinden beginnen. Die Folge ist, dass ich den an dieser Stelle nicht gut markierten Weg aus den Augen verliere. 20 Minuten laufe ich durch einen Wald -bergauf und ohne Wegweiser – bevor ich umdrehe, die letzte Beschilderung und damit die Strecke wiederfinde. Umso glücklicher bin ich, als ich die Hütte erreiche und mich an Abendessen und Bett erfreuen darf.

 

 

Tag 8: North Arm Hut –Oban:
Der letzte Tag startet recht früh. Bereits um 7.30 Uhr nehme ich den Weg zurück zum Ausgangspunkt in Angriff. Paul und Rebecca, das englische Pärchen vom ersten Tag, haben einige Meter hinter der Hütte gezeltet und sind scheinbar bereits aufgebrochen. Gegen 10.30 Uhr hole ich die beiden in Oban wieder ein. Wir genießen zusammen eine Portion Fish&Chips und nehmen die nächste Fähre zurück nach Invercargill. Müde und zufrieden erreiche ich den Zeltplatz, auf dem ich meinen Van habe stehen lassen, und gebe mich der ersten heißen Dusche nach 8 erschöpfenden Tagen hin.

 

Zusammenfassung:Diese Wanderung hat bei mir einen Platz in den Top-10 verdient. Ein ständig zwischen Wald, Strand und Steinen wechselnder Untergrund, gepaart mit wunderschönen Aussichten und der Möglichkeit, die einheimischen Tiere zu sehen und zu hören, ist jede Anstrengung uneingeschränkt wert. Nichtsdestotrotz ist zu bedenken, dass Kondition und Erfahrung stark gefordert werden, da der anspruchsvolle Weg abseits der Zivilisation verläuft.